Stadthöfe

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Stadthöfe

Geschichts- und Lernorte in den Stadthöfen

In der Stadthausbrücke 6 finden seit Januar 2020 Besucher*innen die deutsche-englische Dauerausstellung Das Stadthaus im Nationalsozialismus. Eine Zentrale des Terrors, welche von der KZ-Gedenkstätte Neuengamme erarbeitet wurde. Über die Bau- und Nutzungsgeschichte des Gebäudeensembles informieren außerdem illuminierte Stelen und Tafeln auf der Brückenarkade über dem Bleichenfleet.

Öffnungszeiten der Ausstellung

Montag bis Samstag: 10-19 Uhr

Die Ausstellung auf den Brückenarkaden ist Montag bis Sonntag ganztägig zu besichtigen.

Weitere Informationen über anstehende Veranstaltungen sowie Führungen durch die Ausstellung finden Sie hier.

Vom Görtz-Palais zum Stadthaus

Die Geschichte des Görtz-Palais (Neuer Wall 86) reicht bis ins 18. Jahrhundert zurück. Es war 1710/11 das erste Gebäude an dieser Straße, die auf den ehemaligen Befestigungsanlagen der Stadt errichtet worden war. Namensgeber war der Holsteinisch-Gottorpische Gesandte und erste Nutzer Georg Heinrich von Görtz.

1726 ging das Görtz-Palais in den Besitz der Stadt über – seitdem wird es als Stadthaus bezeichnet. Während ihrer Besetzung Hamburgs nannten es französische Truppen Hôtel de Ville, also Rathaus. Von 1814 an war es Polizeipräsidium. In dieser Kommandozentrale liefen alle Fäden der Polizeiarbeit für Hamburg zusammen. Von 1933 bis 1943 war das Stadthaus die Zentrale des nationalsozialistischen Terrors für Hamburg und große Teile Norddeutschlands.

Während eines alliierten Bombenangriffs Ende Juli 1943 wurden weite Teile der Gebäude zerstört, so auch das Görtz-Palais. Die erhalten gebliebene Fassade wurde in den 1950er-Jahren restauriert, die eingestürzten Gebäudeteile durch ein Bürohaus ersetzt. Erst mit der kompletten Sanierung, Erweiterung und Öffnung des Ensembles für die Öffentlichkeit wird die historische Kutscherdurchfahrt vom Neuen Wall in den Palaishof wiederhergestellt.

Bauliche Erweiterungen an der Stadthausbrücke

Aufgrund des starken Anstiegs der Bevölkerung Hamburgs wurde das Görtz-Palais für die räumlichen Anforderungen der Polizei bald zu klein. 1891 erfolgte die Fertigstellung des viergeschossigen Erweiterungsbaus an der Straßenecke Neuer Wall / Stadthausbrücke.

In den Jahren 1916 bis 1921 wurde nach Plänen des Hamburger Baudirektors Fritz Schumacher das Stadthaus um ein Brückengebäude über dem Bleichenfleet und einen weiteren Bau der Polizeibehörde an der Stadthausbrücke 8 erweitert. Baulich geschlossen wurden auch die offenen Abschnitte, wie z.B. zwischen Große Bleichen und Bleichenbrücke.

Baubehörde nutzt Stadthaus in der Nachkriegszeit

Nach Kriegsende und Wiederaufbau dienten insbesondere die Erweiterungsbauten des Görtz-Palais als Sitz für Hamburger Behörden. Bis 2013 amtierte dort mehr als 60 Jahre die Baubehörde. Das Görtz-Palais kam in Privatbesitz und wurde zur Büronutzung u.a. an Kanzleien vermietet.

Projektentwickler realisiert Stadthöfe für Hamburg

Mit dem Verkauf an den Hamburger Projektentwickler Quantum Immobilien AG ermöglichte die Stadt die Sanierung und Erweiterung des Gebäudeensembles. Das Konzept der Stadthöfe verknüpfte die Revitalisierung der historischen Bausubstanz mit der Belebung und Verbindung der Höfe.

Zwischen 2013 und 2020 entstanden auf einer der größten City-Baustellen in diesen Jahren auf 100.000 Quadratmeter die „Stadthöfe“, ein neues urbanes Innenstadt-Quartier. Kreative Planer waren die internationalen Architekturbüros David Chipperfield Architects, Kuehn Malvezzi Architects, Stephen Williams Associates und agn Leussmann, sowie Caruso St.John und hn architekten (für das Görtz-Palais).

Vier Höfe laden Besucher*innen heute zum Entdecken eines für die breite Öffentlichkeit neuen Stücks Hamburgs ein.

Zentrale des nationalsozialistischen Terrors

Im Görtz-Palais und den weiteren Bauten des Stadthauses waren bis zu den Luftangriffen im Juli 1943 zentrale Befehlsstellen der Polizei untergebracht: das Hamburger Polizeipräsidium, der Kommandeur der Schutzpolizei, zeitweilig der Inspekteur der Sicherheitspolizei sowie die Leitstellen von Kriminalpolizei und Staatspolizei (Gestapo) für Hamburg und Norddeutschland.

Die Polizeiführung war im Nationalsozialismus zuständig für die Umsetzung der Erwartungen, Anweisungen und Befehle des Reichssicherheitshauptamts, des Hauptamts Ordnungspolizei, der SS und der NSDAP. Viele Hundert Mitarbeiter*innen waren für die Gestapo und die Kriminalpolizei im Stadthaus tätig. Sie organisierten die Verfolgung von politischen Gegnerinnen und Gegnern, Juden und Jüdinnen, Sintize und Sinti, Romnja und Roma, Homosexuellen, so genannten Asozialen und vielen mehr.

Frauen und Männer wurden in den Kellerräumen des Stadthauses inhaftiert und mussten bei Verhören schwere Misshandlungen erleiden. Polizisten erzwangen mit „verschärften Vernehmungen“ Geständnisse. Gefangene wurden erniedrigt, gefoltert und in den Tod getrieben. Die Beamten beteiligten sich durch die Einweisungen in Konzentrationslager an Entscheidungen über Leben und Tod Tausender Männer und Frauen.

Das Stadthaus war eine Zentrale des Terrors und der Gewalt, deren Bedeutung weit über Norddeutschland hinausging. Auch der Kriegseinsatz norddeutscher Polizisten in Polen und in der Sowjetunion und deren aktive Mitwirkung am Völkermord wurden von der Hamburger Polizeiführung vom Stadthaus aus organisiert

GESCHICHTSORT STADTHAUS

Unternehmerisches Engagement macht NS-Verbrechen sichtbar

Seit 1981 erinnerte eine von Mitarbeiter*innen der Baubehörde initiierte Gedenktafel im Eingangsbereich des Gebäudes Stadthausbrücke 8 an die Nutzung des Gebäudes in der NS-Zeit. In den 2000er Jahren wurden drei Stolpersteine in Gedenken an im Stadthaus zu Tode gekommene Gefangene verlegt. Mit dem Verkauf des städtischen Komplexes an den Hamburger Projektentwickler Quantum Immobilien AG vereinbarten die Vertragspartner, dass der Investor in den geplanten Stadthöfen einen Lernort realisiert, der den dunklen Teil der Geschichte dieses Orts mehr als sieben Jahrzehnte nach Kriegsende sichtbar macht.

Dauerausstellung, Buchhandlung und Literatur-Café

Das Konzept des Geschichtsort Stadthaus in der Stadthausbrücke 6 umfasst die im Januar 2020 eröffnete deutsch-englische Dauerausstellung Das Stadthaus im Nationalsozialismus. Eine Zentrale des Terrors auf einer gemeinsamen Fläche mit der Sortimentsbuchhandlung Lesesaal und einem Literatur-Café. Die Ausstellungsinhalte erarbeitete die KZ-Gedenkstätte Neuengamme.

Brückenarkade und Seufzergang

Illuminierte Stelen und Tafeln auf der Brückenarkade über dem Bleichenfleet informieren über die Bau- und Nutzungsgeschichte des Gebäudeensembles. Erstmals öffentlich zugänglich ist dort der so genannte Seufzergang. Durch ihn wurden Gefangene von den Arrestzellen zu Verhören geführt. An einer Hörstation können Besucher*innen Berichte ehemaliger Gefangener abrufen.

Denkzeichen Stigma auf der Stadthausbrücke

Auf dem Gehweg der Stadthausbrücke realisieren die Hamburger Künstlerinnen Ute Vorkoeper und Andrea Knobloch das Denkzeichen Stigma, das aus einem von der Behörde für Kultur und Medien ausgelobten Kunstwettbewerb als Siegerentwurf hervorgegangen ist. Es wird die Aufmerksamkeit auf den gesellschaftlichen Umgang mit der NS-Geschichte und die Geschichte des Stadthauses richten.

Veranstaltungen/Rundgänge:

Die Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte zur Erinnerung an die Opfer der NS-Verbrechen veranstaltet im Geschichtsort Stadthaus Vorträge und bietet Rundgänge durch die Stadthöfe an.

À bientôt!

Stadthausbrücke 4, 20355 Hamburg
ensemblemanagement@otto-wulff.de
www.stadthoefe.de